05. bis 10. Mail 2018
4. Mai – Tag der Anreise
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Am Tag vor dem 1. Lauf habe ich mich gegen Mittag auf den Weg von Dillenburg nach Hörstel gemacht. Für die 225 km sollte ich laut Navigationsgerät 3 Stunden benötigen. Es war der Freitag vor einem langen Wochenende, also Staugarantie. Auf der Fahrt mit dem ein oder anderen kleinen Stau genoss ich ein Hörbuch, das kurz vor der Ankunft im Hotel zu Ende war. Dadurch hatte ich eine sehr entspannte und stressfreie Fahrt in den Aktiv-Urlaub. Die letzten Kilometer bis Hörstel führten mich von der A1 herunter, über Landstraßen. Hier konnte ich die Schönheit des Münsterlandes schon erkennen.
Das Hotel Xtra-Gleis in Hörstel ist ein alter umgebauter Bahnhof, direkt an den Bahngleisen und der Haltestelle Hörstel. Was zuerst auffällt, wenn man das Hotel betritt, sind die Gleise im Inneren, die unter Glas liegen und vom Eingang bis hin zum Restaurant durchgezogen sind. Eine sehr schöne Idee. Das Zimmer war klein, aber sehr sauber. Auch das Bad war in einem TOP Zustand. Obwohl mein Zimmer zur gleisabgewandten Seite zeige, hatte ich Bedenken wegen des Zuglärmes, welche sich aber als ungerechtfertigt erwiesen.
Nach der fast 3stündigen langer Fahrt beschloss ich die Gegend nun ein wenig zu Fuß zu erkunden. Ich entschied mich für einen Spaziergang zum 3 km entfernten Torfmoorsee. Ein sehr idyllisches Naherholungsgebiet in dem man die Seele baumeln lassen kann. Genau das Richtige nach einer langen Autofahrt.
Das Abendessen habe ich in der zum Hotel gehörenden Gastwirtschaft zu mir genommen. Ich hatte mich für Spargel, Schweinemedaillons und Kartoffeln entschieden. Das Essen war einmalig lecker und sehr empfehlenswert.
05. Mai – 1. Etappe von Riesenbeck nach Ibbenbüren
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Am Morgen erwachte ich gut erholt. Ich habe sehr gut im Hotelbett geschlafen. Auch gut, dass ich mit dem Auto angereist bin, ich hatte nämlich mein eigenes Kopfkissen, wie auch eine eigene Wolldecke mitgenommen. Ich bin was das angeht ein wenig „empfindlich“. Erleichtert konnte ich feststellen, dass trotz geöffnetem Fenster, die Züge in der Nacht mich nicht geweckt hatten (ich glaube in der Nacht fahren dort nur vereinzelt Güterzüge). Am Tag kann man die Güterzüge hören, die normale Bahn fast gar nicht, da diese verlangsamt in den Bahnhof einfährt um zu halten. Dies verursacht sehr wenige Geräusche.
Das Wetter war TOP - optimales Laufwetter bei 21 Grad.
Der erste Lauf sollte um 14 Uhr beginnen. Ich hatte sehr gut und reichhaltig im Hotel gefrühstückt. Es war also noch Zeit, die Umgebung zu Erkunden. Ich hatte in der Ausschreibung des Laufes viel von Höhenmetern und Anstiegen im Teutoburger Wald gelesen. Wie ich feststellen musste, war weit und breit für mich keine Erhebung zu sehen. Das Münsterland sah für mich flach aus! Der Teutoburger Wald ist eine schmale längliche Erhebung inmitten einer sonst wirklich flachen, platten Landschaft. Ich beschloss also zur „Schönen Aussicht“ zu fahren, um die beim Lauf zu erwartenden Höhenmeter einmal von oben zu betrachten. Die „Schöne Aussicht“ liegt 116 Meter über dem Meeresspiegel und wird auch der „Balkon des Münsterlandes“ genannt. Hier kreuzen einige Wanderwege und man hat einen wunderbaren Rundblick auf die Umgebung. Nun wollte ich, um meine Beine zu schonen, keine allzu lange Wanderung machen. Ich parkte also am Fuß einer Treppe mit 256 Stufen am Fuße der Anhöhe. Der Blick übers Münsterland war umwerfend, Berge konnte ich als „Mittelgebirgslerin“ leider nicht erkennen. Ich war gespannt, wie „hügelig“ es denn bei den Läufen nun wirklich werden wird.
Ich besuchte im Anschluss noch das „nasse Dreieck“, ein Wasserstraßenkreuz für die Binnenschifffahrt. Hier beginnt der Mittellandkanal, der quer durch Norddeutschland bis nach Magdeburg verläuft und an dieser Stelle vom Dortmund-Ems-Kanal abzweigt.
Gegen 12 Uhr brach ich dann auf zum Ziel der ersten Etappe. Man konnte dort in Nähe der Turnhalle mit Duschgelegenheit parken. Ich war natürlich viel zu früh da, was mir zum einen natürlich einen guten Parkplatz bescherte, zum anderen auch die Zeit mit anderen frühen Läufern in Kontakt zu kommen. Ich traf sofort nette Mitläufer mit denen man leicht ins Gespräch kam, u. a. Miriam, die mir alle 6 Tage bei Start und Ziel treu bleiben sollte. Auch das viele „alte Hasen“, also „Wiederholungstäter“ da waren, tat gut. Keine Frage blieb lange unbeantwortet und wenn es nur darum ging, wo denn der Bus zum Start losfährt.
Die Organisation der 6-Days war in jeder Hinsicht vorbildlich und es gab in keinem Moment Grund zur Beanstandung. Die Busse, die die Läufer vom Ziel zum Start bringen sollten, kamen pünktlich, jeder hat einen Platz gefunden. Besonders nett und lobenswert habe ich empfunden, dass vor Abfahrt der Busse eine kurze Ansprache von Michael Brinkmann (dem „Gründervater“) erfolgte. Er begrüßte alle Läufer und gab wissenswerte Informationen über den Streckenverlauf, über Besonderheiten auf und an der Strecke und den Ablauf im Ziel. Erst dann durften sich die Busse auf den Weg zum Start machen.
Vor der ersten Etappe hatte ich bis jetzt noch ein „normales“ Gefühl. 19 km als Einzellauf gesehen, sind ja wahrlich keine Schwierigkeit. Auch war diese Etappe als „überwiegend flacher Einstieg zum Beginn“ ausgeschrieben. Ich wohne im Mittelgebirge und meine normalen Laufstrecken sind immer „flach mit Höhenmetern“ ;-). Ich hatte also keine Angst, irgendwelche Probleme während der ersten Etappe zu bekommen.
Im Startbereich fiel mir dann auf, dass gefühlt 90 % der Läufer mit dem Shirt eines Ultralaufs oder eines Triathlons bekleidet waren. Oha…hatte ich bisher doch „nur“ Marathon Erfahrung. Ok, ich bin nun schon 2 Mal bei einem 6h-Lauf mitgelaufen, aber dort auch eher mit mäßigem Erfolg (wenn auch länger als Marathon gelaufen). Ich erfuhr, dass Triathlon grade im Münsterland ein Volkssport sei. Aufgrund der vielen Seen, Radwege usw. sind die Gegebenheiten hier wohl optimal für diesen Sport.
Aber nicht nur, dass die anderen Läufer die coolen Shirts hatten, nein, die sahen auch so aus, als seien sie allesamt extrem sportlich und schnell. Dies hörte man auch aus den Erzählungen heraus. So berichtete z. B. Dietmar, die 6-days seien für ihn nur die Vorbereitung für den Bambinilauf bei der Tour de Ruhr (100 km Lauf). Andere Läufer berichteten über diverse Ultraläufe an denen sie erfolgreich teilgenommen hatten. Ich fing also an ein wenig ängstlich zu werden. Ich wollte auf gar keinen Fall die Sache zu schnell angehen, denn dies rächt sich in den letzten Tagen. Mit den anderen, die es natürlich alle „langsam“ angehen wollten, gesprochen und festgestellt, dass mein Langsam nicht deren Langsam ist. Ich bin ja eher der wirklich langsame Läufer. Hilft nix! Ich muss da durch. Lasset den ersten Lauf beginnen.
Der Lauf begann, wie vorhergesagt, sehr flach. Die Läufer um mich herum begannen mit einem für mich viel zu schnellen Pace und ich habe gemerkt, dass ich mich mitreißen lies. Ich sah auf der Uhr einen Pace von 5.15, nahm Tempo raus, 5.30, 5,45 und wollte mich gerne auf einem 6:00 oder gar 6.30 einpendeln. Dies ist mir am Anfang nicht gelungen und trotzdem zogen viele Läufer an mir vorbei. Bei KM 14,5 kam dann die einzige und etwas anstrengendere Steigung, welche ich dann auch nicht gelaufen bin, sondern zügig gewalkt. Ich hatte den Ehrgeiz, den andere an den Tag legten, alles durchzulaufen nicht. Mein Ziel war finishen und wenn ich am Berg gehen muss, dann ist das halt so. Gewinnen werde ich wohl nicht, mein persönlicher Gewinn ist am Ende der 6 Tage ins Ziel zu laufen, egal mit welcher Zeit.
Nachdem die Steigung überstanden war, ging es nur noch bergab und flach ins Tal bis zum Ziel.
Ergebnis: Platz 401 von 548 – 1h53:39 --- 18,81 km --- Pace 6:03
Fazit: Ich habe wirklich versucht langsam zu laufen, was für mich sehr schwierig war, da ich mit einem meiner Meinung nach sehr starkem Läuferfeld unterwegs war. Der Sieger dieser Etappe (später auch Gesamtsieger) war ein Holländer (wo auch immer ein Holländer Berglauf trainiert) hat die Strecke in 1:08.01 bezwungen.
Nach dem Lauf und der Dusche war ich noch shoppen in Ibbenbüren. Es gibt wenig historische Gebäude in der Innenstadt. Die Kirche, wie auch der Marktplatz mit angrenzenden Gebäuden bilden einen historischn Kern, der Rest ist Fußgängerzone.
Abends gönnte ich mir dann im Hotel ein leckeres Essen. Es gab Wildragout, Serviettenknödel und Rotkohl.
Nach dem Essen ging es an die Laufkleider waschen. Da ich ja insgesamt 7 Tage keine Waschmaschine zur Verfügung hatte, musste eine Lösung her. Ich wollte auf gar keinen Fall die nass geschwitzten Laufsachen trocknen lassen. Der Geruch würde nie wieder aus den Klamotten verschwinden. Also: Rei in der Tube mitgenommen und abends Laufsachen im Waschbecken des Hotels gewaschen. Das Trocknen über Nacht erwies sich als einfach. Die Sachen waren am nächsten Morgen alle trocken, schließlich sind es ja auch Funktionslaufsachen (die sollten schnell trockenen).
06. Mai – 2. Etappe von Ibbenbüren nach Tecklenburg
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Am Morgen wieder gut gefrühstückt und dann gut erholt ins Sightseeing gestartet. Heute habe ich das Kloster Gravenhorst und Knollmanns Mühle besucht. Das Kloster Gravenhorst ist ein ehemaliges Zisterzienserinnenkloster mit einer parkähnlichen Außenanlage in der es sogar ein aus dichten Hecken angelegtes Labyrinth gibt. Es hat ein wenig gedauert, bis ich den Weg hinaus wieder gefunden hatte. Knollmanns Mühle ist einfach nur eine alte Mühle, die schön anzusehen ist.
Beim gestrigen Lauf gab es alle 5-6 km Verpflegungsstellen mit Wasser. Aufgrund der Temperaturen hätte ich gerne mehr Möglichkeiten gehabt und mich auch über ein Iso-Getränk oder eine Schorle gefreut. Neidisch schaute ich auf die Läufer, die mit kleinem Trinkrucksackunterwegs waren. Daran hatte ich leider nicht gedacht. Mein Trinkrucksack lag zu Hause. Ich überlegte, ob ich nicht nach Rheine in den nächsten Decathlon fahren solle um mir einen Billig-Trinkrucksack zu kaufen. Doch für diesen Tag war es schon zu spät um meine Einkaufspläne zu verwirklichen.
Auch an diesem Tag war der Start für 14 Uhr geplant. In Tecklenburg war ich dann auch wieder so zeitig, dass ich direkt auf dem Schulhof in dem die Duschmöglichkeiten waren, einen Parkplatz zugewiesen bekam. Ich habe auch gleich Miriam und Dietmar, sowie einige weitere bekannte Gesichter getroffen, man kennt sich jetzt!
Im Bus dann wieder die humorvolle und motivierende Ansprache von Michael mit den Hinweisen zur Strecke. Die heutige Strecke soll zu den schwierigsten Etappen zählen. Es stehen einige Steigungen, aber auch Abstiege auf dem Programm. Der Hexenpfad mit Trailcharakter und vielen Wurzeln und Unebenheiten liegt auf dem Weg. Fast am Ende muss man die Straße „Himmelsreich“ bezwingen, die ihren Namen aus gutem Grund hat. Damit nicht genug, es geht weiter bergan, bis man die letzten Meter dann nach unten ins Ziel in die malerischen Altstadt von Tecklenburg rollen kann. Im Ziel war dann richtig viel los. Durch das schmale Stadttor hindurch und dem schmalen Weg zum Zentrum hin, standen überall viele Menschen. An diesem Tag fand in Tecklenburg auch ein Geranienmarkt statt, der neben dem Lauf viele Besucher in die Stadt gelockt hatte.
Die Strecke war die für mich schönste Etappe. Mit all dem auf und ab erinnerte es mich an zu Hause. Sie führte durch Täler, weite offene Landschaften, jedoch hat man immer wieder die Möglichkeit gehabt ein wenig Schatten abzubekommen. Die Trails im Wald, waren teilweise schmal, es gab aber auch breitere Wege. Auf den Trails musste man immer konzentriert laufen, da diese sehr mit Wurzeln überwachsen waren. Am Wegesrand standen viele Zuschauer, die nicht müde waren die Läufer anzufeuern. Für mich verging dieser Lauf wie im Flug. Meine Beine fühlten sich nach diesen 20 km noch nicht müde an. Nach dem Lauf musste ich leider feststellen, dass ich nicht schnell genug unterwegs war um noch warmes Wasser in der Dusche zu ergattern. Also wurde kalt geduscht – eine Herausforderung für mich, die erst mal gemeistert werden musste.
So langsam fing es an, dass man immer mehr Läufer kennen lernte. Z. B. Björn, der erzählte er sei Diabetiker und habe beim gestrigen Lauf arge Probleme wegen Unterzuckerung bekommen. Heute habe er sich mit Zucker eingedeckt und zeigt einen Traubenzuckervorrat, der mir eine Woche gereicht hätte. Es entwickeln sich ebenfalls immer kurze Gespräche mit Läufern, die ungefähr im gleichen Pacebereich laufen. Das nette Flair der Veranstaltung hat sich auf die Läufer übertragen. Ich habe dort sehr viele nette und liebenswerte Menschen kennen gelernt.
Nach dem Lauf fuhr ich ins Freizeitland-Hasbergen. Die dortige Saunalandschaft war genau das, was mein Körper nach der 2. Etappe brauchte. Ich habe den Rest des Abends in verschiedenen Saunen verbracht und in den Ruhezonen relaxed. Einfach wunderbar!
Das angrenzende Restaurant „Am Kachelofen“ wählte ich für mein Abendessen. Ich bestellte Spargel-Broccoli-Ragout mit Lachsfilet und Kartoffeln. Auch hier muss ich sagen, dass ich selten besser gegessen habe.
Abends im Hotel hieß es wieder Wäsche waschen. Leider musste ich feststellen, dass ich Sonnenbrand bekommen hatte. Also Erinnerung für den nächsten Tag: Sonnencreme!
Ergebnis: Platz 340 von 534 – 2h10:48 --- 20,30 km --- Pace 6:27
Man erkennt, durch die Steigungen, die ich teilweise gehen musste, dass der Pace nach unten geht. Trotzdem hae ich 61 Plätze gut gemacht. Scheinbar kämpfen die Flachländer hier am Berg noch mehr als ich.
07. Mai – 3. Etappe von Tecklenburg nach Mettingen
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Nach dem Frühstück im Hotel musste ich auch schon los zur Sportmassage. Auf der Hompage des SV Teuto Riesenbeck hatte ich gelesen, dass diese für Läufer angeboten werden und bereits von zu Hause einen Termin vereinbart. Ich erfuhr, dass gestern nach dem Lauf die ersten Läufer die Treppe in den 1. Stock nur noch unter Schmerzen nehmen konnten. Mir ging es immer noch sehr gut, meinen Beinen auch. Ich hatte weder Muskelkater noch andere Problemchen. Es waren ja auch erst 38 km gelaufen, das ist ja noch nicht mal ein Marathon. Da der Lauf an diesem Tag erst um 18 Uhr startete, gönnte ich mir eine Spinatlasagne zu Mittag und machte mich dann noch einmal auf den Weg nach Tecklenburg, um mir dieses schöne Städtchen einmal ohne Menschenmassen anzuschauen. Der kleine Spaziergang durch Tecklenburg und den Kurpark war für mich Erholung pur. Ich habe jede Minute genossen. Überall war es so ruhig und idyllisch, ganz ohne Lärm und Krach einfach so in den Tag hinein leben. So muss Urlaub sein.
Auch an diesem Tag fuhr ich mit dem Auto zum Ziel der 3. Etappe nach Mettingen. Bei der Ansprache im Bus erfuhren wir ebenfalls immer wieviele Läufer ausgeschieden sind. Die Gesamtläuferzahl reduzierte sich jeden Tag. Manch einer hatte die Belastung des täglichen Laufens wohl doch falsch eingeschätzt oder konnte sich nicht richtig auf den Lauf vorbereiten.
Am Start lernte ich Michel kennen. Ein Franzose, der mit einer Gruppe von Läufern extra aus dem Süden Frankreichs angereist war. Leider sprach Michel kein Deutsch, schlechtes Englisch und ich nur schlechtes französisch. Wir konnten uns jedoch mit ganzem Körpereinsatz verständigen, so konnte ich ihm noch den Hinweis geben, dass es einen Bahnübergang an der Strecke gibt, der bei geschlossener Schranke nicht überquert werden darf. Dies führt in jedem Fall zu Disqualifizierung. Michael hatte dies bereits im Bus erwähnt, es gäbe kein Jahr, in dem man nicht Läufer hätte Disqualifizieren müssen.
Michel legte mir noch den Medoc-Marathon ans Herz, bei dem man ja schließlich auch viel Wein trinken dürfe und dann ging der Lauf auch schon los.
An der Landschaft des Teutoburger Waldes konnte ich mich immer noch nicht satt sehen. Daher habe ich auch diesen Lauf zum größten Teil als Genusslauf wahrgenommen. Auch dieser Lauf zeichnete sich durch mehrere Anstiege aus. Es gab wieder einige Trailpassagen die über Wurzeln und Steine bergab zu laufen waren. Ich habe von Haus aus Respekt vor solch unebenem Boden und laufe diese Passagen aus Angst vor einem Sturz sehr langsam. Erstaunt stellte ich immer wieder bergab fest, was für eine Geschwindigkeit der ein oder andere Läufer, den ich am Berg bergauf locker überholt habe, an den Tag legt. Ich hätte da definitiv zu viel Angst. Wie sich später zeigte war diese Angst nicht unbegründet. Auf einem steilen Trail bergab, blieb ich mit dem linken Fuß an einer Wurzel hängen und vollführte einen galanten Salto. Glücklicherweise ist nichts passiert, ich hatte lediglich das Knie leicht aufgeschürft und einen Bluterguss an der Hüfte, wie ich später bemerkte. Also einfach aufgestanden, Dreck abgeklopft und weiter gelaufen.
An der Strecke waren wieder viele Zuschauer zu sehen. Die Anwohner hatten kleine Wasserstellen aufgebaut und mit Wasserschläuchen „berieselten“ sie die Läufer. Eine willkommene Erfrischung!
Das Ziel war in Mettingen genau zwischen Rathaus und Kirche. Der Zieleinlauf hatte Festcharakter. Im Zielbereich zeigten Stelzenläufer ihr Können, auf der Bühne weitere Künstler. Ein wie ich fand bombastischer Empfang für jeden Läufer.
Leider hatte ich auch diesmal wieder das Vergnügen nur kalt duschen zu dürfen. Was soll’s! Was uns nicht tötet…usw.
Die Pommesbude im Zielbereich kam mir dann grade recht. Einmal Pommes und Majo bitte!
Ich habe mir dann noch den Zieleinlauf der letzten Teilnehmer angesehen und muss sagen, dass jeder hier gefeiert wurde, egal wie lange er ins Ziel gebraucht hatte. Der Empfang war auch für die letzten so begeistert, dass man sich jeder wie ein Sieger fühlte.
Nun war es endlich so weit, dass meine Beine anfingen sich schwer anzufühlen. Leichter Muskelkater im Oberschenkel machte sich bemerkbar.
Ergebnis: Platz 373 von 521 –1h53:19 --- 18,60 km --- Pace 6:06
08. Mai – 4. Etappe von Mettingen nach Ibbenbüren-Dickenberg
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Morgens fühlten sich meine Beine wieder ausgeruht an. Wir hatten Halbzeit. 3 Tage waren gelaufen, 3 Tage standen uns noch bevor.
Heute spazierte ich ins Zentrum von Hörstel, einfach nur um mal zu schauen wie es dort so aussieht. Ich kann sagen, es ist eher unspektakulär. Danach fuhr ich zu Schloss Surenburg, dass man leider nur von außen anschauen kann, da es sich in Privatbesitz befindet und auch noch bewohnt wird. Eine Umrundung auf den örtlichen Wanderwegen lohnt sich auf jeden Fall, da das Gebäude selbst wie auch die Parkanlage sehenswert sind.
Nun wurde es endlich Zeit nach Rheine zu fahren. Ich kaufte mir bei Decathlon endlich einen günstigen Trinkrucksack für die nächsten Etappen. Zumal es von Tag zu Tag wärmer wurde. Es waren 26-28 Grad erwartet. In Rheine habe ich mir nicht wirklich viel angeschaut. Mein Mittagessen habe ich dort zu mir genommen. Einen Salat mit Lachs, Ei, Käse usw.
Der Start heute war wieder für 18 Uhr geplant, was mir die Hoffnung gab, dass es bis dahin etwas abgekühlt sein würde. Ich fand auch hier wieder einen TOP Parkplatz am Ziel. Die obligatorische Ansprache im Bus informierte uns wieder über den Verlauf der Etappe, über die Anzahl der ausgeschiedenen Läufer. Interessant, das kaum Frauen aufgaben.
Am Anfang erwartete uns gleich eine 35%ige Steigung. Es wurde darauf hingewiesen es bis zu dieser Steigung langsam anzugehen und danach erst mit dem Rennen zu beginnen. Man darf die Anstrengungen der vorausgegangen 3 Tage nicht unterschätzen.
Ich bin es auch genauso angegangen, langsam und an der Steigung natürlich gewalkt und nicht gelaufen. Für mich war dies die anstrengendste Etappe. Die kompletten 17,6 km waren ein auf und ab. Es gab viele Trailpassagen, die so eng waren (schmale Pfade), dass nur ein Läufer jeweils Platz hatte. Also Überholen nicht möglich war (nicht, dass ich überholen wollte, so habe ich den ein oder anderen Läufer vorbei gelassen in dem ich zur Seite getreten bin). Auch hier waren wieder viele Wurzeln auf den Pfaden, die zu Stolperfallen werden können. Ich hatte während dieses Laufs beim Bergablaufen immer wieder ein Ziehen im Oberschenkel verspürt, bergauf war dieses Ziehen nicht vorhanden. Man konnte steinharte Oberschenkelmuskeln in den hinteren Oberschenkeln ertasten. Da habe ich die Schenkel vor eine wahre Herausforderung gestellt.
Die letzten 2 km bis zum Ziel verliefen leicht bergauf. Ich kam ins Gespräch mit einem anderen Läufer und wir beide haben uns mehr oder weniger bei Laune gehalten und uns gegenseitig ins Ziel gezogen. Vor dem Ziel lies er mir dann noch den Vortritt – einfach süß. Er bedankte sich dann noch, dass ich ihn die letzten 2 km so nett gezogen hätte – dabei war es doch genau anders herum.
Nach dem Lauf hatte ich dann das freudige Erlebnis, dass die Duschen diesmal lauwarm waren – juhu. Ich schaute mir noch den Zieleinlauf der letzten Läufer an. Mich faszinierte der Zieleinlauf von zwei älteren Herren (1 x AK M70, 1 x AK M75), die nicht als letzte ins Ziel gelaufen kamen. Wahnsinn! Respekt vor dieser Leistung im Alter. Das würde ich mir auch für mich wünschen.
Ich fand diese Etappe deutlich heftiger, als die 2. Etappe, die als schwierigste angekündigt wurde.
Ergebnis: Platz 388 von 515 – 1h51:02 --- 17,30 km --- Pace 6:25
75 km von insgesamt 120 km lagen hinter mir. Mir war klar, wenn ich mich jetzt nicht verletze, werde ich finishen. Respekt hatte ich trotzdem vor den letzten beiden (längsten) Etappen mit 22 und 23 km.
09. Mai – 5. Etappe von Ibbenbüren-Dickenberg nach Ibbenbüren, Aasee
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Nach dem Frühstück bin ich noch einmal zum Torfmoorsee gefahren um die dortige Natur zu genießen. Um 13 Uhr hatte ich einen weiteren Massagetermin vereinbart, der meinen Beinen die nötige Lockerung verschaffen sollte. Die Massage tat sehr gut und die Verhärtungen wurdem etwas weg massiert.
Der Lauf startete um 18 Uhr. Vorher wieder gut geparkt und der Ansprache im Bus gelauscht. Wie jeden Tag wurde das Läuferfeld kleiner, wir waren aber immer noch mehr als 500.
Die Strecke zeichnete sich durch 3 gravierendere Steigungen aus. Auch gab es wieder Trails mit Wurzeln, Steinen und Stufen, die bergab zu laufen waren. Bergab und Wurzeln und Trail liegt mir scheinbar nicht. Meine Füße waren müde, ich habe sie scheinbar nicht richtig hochgehoben und so geschah es bei km 18, dass ich erneut gestürzt bin. Diesmal aber etwas heftiger, als vor 2 Tagen. Ich habe mir die linke Schulter aufgeschürft und die linke Seite mit Dreck und Tannennadeln eingepudert. Aber anstatt einen Moment stehen zu bleiben und mich zu sammeln, bin ich gleich weiter gelaufen und ca. 100 mtr später erneut über eine Wurzel gestolpert und Saltomäßig den Berg hinab gekullert. Bei diesem Sturz bin ich dann auch mit dem Kopf hart aufgekommen. Dies wurde durch den weichen Waldboden glücklicherweise gut abgefedert. Nun war auch die rechte Seite angeschlagen und mit Dreck gepudert, ich sah aus wie nach einer Einlage Schlammcatchen. Die Läufer in meiner Nähe habe ich mit meinen Stunteinlagen ziemlich erschreckt. Mir sind sofort 2 Läufer zur Hilfe geeilt, später erzählte mir eine Läuferin, wie gefährlich mein Sturz ausgesehen habe. Das einzige was ich bei den Stürzen dachte war: SHIT!!
Danach ging es glücklicherweise nur noch bergab bis ins Ziel. Ich bin die letzten Kilometer dann sehr vorsichtig angegangen. Meine eingedreckte Optik brachte allerdings im Zielbereich am Aasee viele Menschen dazu mich anzusprechen. Man zeigte sich besorgt und sehr hilfsbereit. Nett fand ich auch den Läufer, der mich unbedingt mit meinem Handy fotografieren wollte. Da hatte ich noch gar nicht dran gedacht. Natürlich wollte ich das fotografisch festhalten.
Die Duschen befanden sich im Aasee-Bad und waren endlich warm. Richtig warmes Wasser nach so einem Lauf hat mir gut getan. Ich bin dann auch direkt danach ins Hotel zum Wäsche waschen und zum Ausruhen. Bei den Stürzen hatte ich viel Glück gehabt.
Ergebnis: Platz 388 von 509 – 2h22:25 --- 22,30 km --- Pace 6:25
10. Mai – 6. Etappe vom Aasee in Ibbenbüren nach Riesenback zum Startpunkt
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Die letzte Etappe!! Mittlerweile mit fast 100 km in den Beinen, fühle ich mich immer noch gut. Unglaublich! Und wenn ich die Etappe wandere – ICH WERDE FINISHER!
Ein unbeschreibliches Gefühl .
Diesmal startete der Lauf um 14 Uhr, also nur eine kurze Regenerationszeit für die Beine.
Im Bus die obligatorische Ansprache. Uns erwartet ein flacher Anfang, 3 Spitzen bergauf/bergab und ein flaches auslaufen bis zum Ziel. Nur noch 23 km bis zum Finisher-Shirt, welches nur derjenige bekommt, der ALLE 6 Etappen gelaufen ist.
Der letzte Tag war wettertechnisch nicht ganz so optimal wie erwartet. Vom Start bis zum Zieleinlauf regnete es. Ok, kalt duschen war ich ja jetzt gewohnt, warum nicht auch mal Outdoor-Duschen. Auch diese Etappe hatte schöne Passagen durch den Teutoburger Wald mit knackigen Anstiegen. Der Regen hat mich nur leicht genervt, allerdings war dies deutlich angenehmer als 28 Grad und Sonne.
Die Strecke verlief u. a. an Schloss Surenburg vorbei, welches ich mir ja schon vor ein paar Tagen angeschaut hatte. Ich lief meinen Trott mit dem Wissen und der Motivation bald etwas großartiges geleistet zu haben. Der Zieleinlauf war gesäumt mit Menschen, die anfeuerten. Im Ziel wurde jeder Läufer namentlich genannt (was übrigens bei jedem Lauf der Fall war). Dies ist den Veranstaltern wichtig um den persönlichen familiären Charakter des Laufs zu erhalten.
Nach dem Duschen (ich erinnere mich nicht mehr ob kalt oder warm) erfolgte später die Siegerehrung, an der ich gerne noch teilgenommen habe.
Ergebnis: Platz 406 von 501 – 2h23:52 ---22,60 km --- Pace 6:22
Allein an der Platzierung erkennt man, dass bei mir so langsam die Erschöpfung angekommen war. 120 km in 6 Tagen – so etwas hatte ich bis dahin noch nie gemacht.
Nach jedem Lauf bekamen die Läufer am nächsten Tag eine gedruckte Ausgabe der Ergebnisse ausgehändigt und mit einem Artikel über die gelaufene Etappe. Am letzten Tag musste diese Ausgabe natürlich Turbomäßig von der Druckerei erstellt werden. Auch das Auswerten der Läufe dauert seine Zeit, so dass die Siegerehrung erst ca. 21 Uhr stattfinden konnte.
Diese fand in einem eigens dafür aufgestellten Festzelt statt, welches bis auf den letzten Stehplatz belegt war. Dort gab es auch im Vorfeld von einem Partyservice angebotene Mahlzeiten und auch Getränke. Vor dem Zelt Bratwurst- und Pommesbude. Hungern musste man nicht.
Die Siegerehrung war sehr ansprechend. Es wurden nicht nur die Sieger auf der Bühne geehrt, sondern auch die ersten 5 jeder Altersklasse. Ebenfalls wurde der älteste Läufer und die älteste Läuferin geehrte. Jeder der auf die Bühne durfte bekam auch ein kleines Präsent. Michael Brinkmann hat das sehr gut moderiert und jeder Geehrte wurde persönlich angesprochen.
Nach der Siegerehrung fuhr ich dann sehr erschöpft aber immer noch überwältigt nach Hause.
Ich habe in 6 Tagen
- 19.632 kcal verbraucht
- bin 119,9 km gelaufen mit 1710 HM in einer Zeit von 12:35:05 / 6:18 Pace
- endete Gesamt auf Platz 362 von 494
- wurde 70. von 133 Frauen
- 10. von 19 in meiner Altersklasse (AK45)
FAZIT
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Ich bin in 2 Jahren wieder dabei. Der Lauf wird so liebevoll und familiär organisiert, wie ich es nirgends sonst bisher erlebt habe. Es gab in den 6 Tagen wirklich nichts, was zu Beanstanden wäre. Es hätte alles besser und perfekter nicht sein können.
Ich bin mit mir und meiner Leistung extrem zufrieden. Ich habe bisher noch nie eine solche Distanz in so kurzer Zeit hinter mich gebracht. Ich bin sehr überrascht, wie gut mein Körper das verkraftet hat. Ich habe außer ein wenig Muskelkater und ein paar Schürfwunden nichts abbekommen. Im Gegenteil, ich fühle mich fitter denn je.
Ich weiß dieser Bericht ist lang geworden. Ich danke jedem, der bis hierhin die Geduld hatte meine ausführliche Beschreibung zu lesen und hoffe es war für den ein oder anderen interessant.
Zu meiner Person:
Ich bin Nicole, fast 48 Jahre alt und laufe seit nunmehr 10 Jahren. Meinen ersten Halbmarathon bin ich 2008 gelaufen, meinen ersten Marathon 2015. Ich bin unzählige HM gelaufen und mittlerweile auch 6 Marathon, davon waren 2 innerhalb von 6h-Läufen in denen ich die Marathondistanz leicht überschritten habe. Seit jeher bin ich als übergewichtige Läuferin sehr langsam unterwegs gewesen. Anfang 2017 bekam ich leider Schmerzen im Fuß, die auf einen Fersensporn zurückzuführen sind. Meine Plantarsehne war entzündet. Ich habe bis 2018 ein Jahr lang (12 Monate) mit heftigen Schmerzen hinter mich gebracht. Schmerztabletten in der Familienpackung verschrieben bekommen. Ich habe in diesem Jahr der Schmerzen alles probiert. Ich wäre auch im Handstand um den Küchentisch gelaufen, wenn mir jemand gesagt hätte das hilft die Schmerzen los zu werden. Die Schmerzen haben sich natürlich auch auf mein Laufverhalten ausgewirkt. Ich bin in 2017 die wenigsten Kilometer gelaufen. Wenn etwas schmerzt, macht es keinen richtigen Spaß.
Auf dem Weg eine Lösung zu finden habe ich verschiedene Maßnahmen neben den ärztlichen Ratschlägen und Verordnungen in Angriff genommen. Ich habe meine Ernährung umgestellt, mich mit dem Thema Ernährung intensiv befasst und auch auf „entzündungshemmende“ Lebensmittel meinen Fokus gesetzt. Ebenfalls habe ich bis heute 20 Kilo abgenommen und befinde mich jetzt im Normalgewicht. Ich habe Mitte letzten Jahres festgestellt, dass meine Schmerzen nicht ganz so schlimm waren, wenn ich barfuß gelaufen bin. Ich führe dies auf den automatisch durch das Barfußlaufen verstärkten Ballenlauf zurück. Also habe ich angefangen im privaten Leben auf Barfußschuhe umzustellen. Seit Februar habe ich angefangen einzelne Läufe mit Barfußschuhen zu laufen. Mittlerweile sind dies meine bequemsten und liebsten Laufschuhe. Ich traue mich allerdings noch nicht jeden Lauf mit Barfußschuhen zu bestreiten. Jeder 2. bzw. 3. Lauf wird von mir in „normalen“ Laufschuhen bestritten.
Seit Februar 2018 – 1 Jahr nachdem die Schmerzen begannen – bin ich schmerzfrei. Was genau geholfen hat, werden wir wohl nie erfahren. Es wird wohl eine Kombination aus allen Maßnahmen gewesen sein.